Seit mehreren Monaten lesen wir Berichte, dass der Hardware-Hersteller Huawei aufgrund von Sicherheitsbedenken aus Netzwerk-Projekten der mobilen Telekommunikation ausgeschlossen werden soll. In der Diskussion finden allerdings, wie so oft wenn es um politische Entscheidungen geht, Halbwahrheiten und Fehlinformationen regen Einlass. Diese vermengen die Beteiligten dann gerne auch noch mit unterschiedlichen Prioritäten, die man hinterfragen sollte. Was dabei herauskommt, dürfte interessant sein und wenig überraschen: Der Sachverhalt ist natürlich nicht ganz so einfach und eindeutige, wie es uns die Akteure gerne weismachen wollen. Und um das Thema inhaltlich zu durchdringen, müsste man schon etwas tiefer einsteigen.
Ein paar Fakten zu Huawei
Wissen hilft bekanntlich, die Fakten zu verstehen und richtig einzuordnen, jedenfalls besser als Glauben. Daher geben wir Ihnen ein paar Informationen zum Unternehmen. Huawei ist ein privatwirtschaftlicher Konzern mit Zentralsitz in Shenzen (VR China), welches u.a. in den Bereichen Netzwerk und mobile Endgeräte tätig ist. In Sachen Netzwerktechnik liegt der Schwerpunkt bei den sogenannten Core-Routern und -Switches, einer zentralen Technologie des Internets. Ein anderes, sehr wichtiges Geschäft betrifft die Hardware für den Betrieb der 4G und 5G-Netze, als der Schlüsseltechnologie der mobilen Welt. Insbesondere im Bereich 5G-Technologie ist Huawei Weltmarktführer. Alle anderen Hersteller von Netzwerk-Komponenten hecheln derzeit hinter dem chinesischen Unternehmen hinterher.
In jedem Fall handelt es sich in beiden Fällen um zentrale Bereiche, in denen alle Inhaltsdaten und Metadaten der jeweiligen Netze verwaltet werden bzw. diese durchlaufen. Diese Netzwerk-Geräte sind ideal dazu geeignet geeignet, um Informationen jeder Art „auszuleiten“. Das sind sicherlich gute Gründe für ein gesundes Misstrauen gegenüber dem chinesischen Hersteller. Erschwerend kommt hinzu, dass Huawei einen weiteren, großen Markt recht erfolgreich bedient, nämlich den der Smartphones mit dem Betriebssystem Android. Auch und besonders auf diesen mobilen Endgeräten fallen natürlich erwartungsgemäß sowohl jede Menge Inhaltsdaten als auch Metadaten der jeweiligen Benutzer an.
Wie alles begann …
Das Unternehmen Huawei begann seine Karriere mit Netzwerk-Switches, die gezielt den damaligen Marktführer Cisco angriffen. Erwartungsgemäß stellte sich der Erfolg sehr schnell ein, da die Management-Software weitgehend identisch mit der von Cisco war. Schließlich war das höchst komplexe Cisco IOS damals Branchenstandard, so dass sich die Administratoren von Router und Switches nicht umstellen mussten, wenn man die Cisco-Switches durch die deutlich billigeren Huawei-Geräte ersetzte. Man konnte bekannte Routing-Verfahren einfach übernehmen, nachdem die Hardware ausgetauscht war.
Nur eine Seite der Medaille
Angst ist selten ein guter Ratgeber. Schon gar nicht bei einem sensiblen Thema wie Spionage, egal ob staatliche oder wirtschaftliche. Aber ein gesundes Misstrauen ist sicherlich angebracht. Auch und gerade gegenüber der chinesischen Regierung, die ganz sicher Einfluss auf die Unternehmen ihres Landes nimmt, insbesondere im Fall Huawei, dessen Technologien freien Zugang zu Datenströmen ermöglichen. Das heisst, dass die Furcht vor Betriebs- und Wirtschaftsspionage oder staatlich organisierter Manipulation von Daten ganz bestimmt berechtigt ist. Aber hier wird gerne übersehen, dass nicht nur chinesische Hersteller von Netzwerktechnologien ein Problem darstellen. Denn Cisco, dem schärfsten Konkurrenten, wurde mehrfach erfolgreich nachgewiesen, Core-Router und -Switches sowie Firewalls mit versteckten Hintertüren verkauft zu haben. Auch Hersteller wie DELL und Hewlett-Packard wurden dabei erwischt, den US-amerikanischen Geheimdiensten und Behörden Zugang zu Datenströmen verschafft zu haben.
Gesundes Misstrauen ist immer angebracht
Ob diese Manipulationen nun direkt ab Werk oder auf dem Transportweg Eingang in die komplexen Geräte fanden, war nicht immer ganz eindeutig klar. Doch dass beide Varianten des „Eingriffs von Staatswegen“ stattfanden, konnte man unabhängig voneinander mehr als einmal nachweisen – übrigens im Gegensatz zu den Geräten von Huawei. Das mag zunächst nichts heißen, aber fest steht, dass zum Beispiel die NSA über einen ganzen Werkzeugkasten an Manipulationsmöglichkeiten verfügt. Das beweisen die gut dokumentierten Enthüllungen des Wistleblowers Edward Snowdon, welcher seine Vorwürfe umfänglich dokumentierte.