Doch auch hier ist Licht am Ende des Tunnels sichtbar. Denn dank Digitalisierung via Internet kommt man an den Open-Source-Standards nicht mehr vorbei. Das merken sogar die Dinosaurier der Softwaremonopolisten. Bei den Office-Anwendungen beispielsweise hat Microsoft Federn lassen müssen. Libre Office oder Open Office sind längst ein vollwertiger Ersatz. Diese Anwendungen waren sich von Anfang an nicht zu schade, beinahe jedes gängige Dateiformat sauber lesen und bearbeiten zu können.
Welche Freiheiten und Möglichkeiten bietet Open Source Software Ihnen als Provider und Ihren Kunden als Endnutzer?
Die wichtigste Eigenschaft ist, dass wir genau wissen, was die Software tut und wie sie es macht. Das erlaubt uns individuelle Anpassungen, Erweiterungen und Optimierungen. Ein Beispiel dafür sind BlueOnyx und Aventurine. Das sind Verwaltungs-Oberflächen für Virtualisierung bzw. komplexe All-In-One-Internetservices, basierend auf Linux bzw. OpenVZ, die wir als Internet Service Provider vom Hersteller exakt an unsere administrativen und sicherheitstechnischen Vorgaben anpassen ließen. Und ein Teil der Community profitiert bis heute von unseren Verbesserungsvorschlägen.
Übrigens halten wir diesen Community-Gedanken der Open-Source-Philosophie für die größte Stärke. Denn weltweit arbeiten Programmierer permanent an der Weiterentwicklung ihrer gemeinsamen Open-Source-Projekte. Sie tauschen Wissen und Erfahrungen aus, so dass zum Beispiel die Fehlerbehebung oder das Erkennen und Schließen von Sicherheitslücken manchmal innerhalb weniger Stunden geschieht. Das ist zum Beispiel für WordPress-User besonders wichtig, denn dieses weltweit am meisten verbreitete CMS ist auch das beliebteste bei Hackern. Jedenfalls entstehen so sehr sichere Anwendungen, wie zum Beispiel die Software-Firewall pfSense bzw. OPNsense.
Was ist für Sie unter den heutigen Gegebenheiten der Hauptgrund, sich für eine Open Source Lösung zu entscheiden?
Das erste wichtige Argument ist für uns die faktische Herstellerunabhängigkeit. Nehmen wir zum Beispiel das Betriebssystem LINUX. Hier entwickelten sich über die Jahrzehnte hinweg verschiedene Derivate. Alle greifen auf die gleichen Ursprungsbefehle und Algorithmen zurück, aber sie sind für spezielle Anwendungsanforderungen entwickelt worden. Alle diese LINUX-Derivate funktionieren auf jeglicher Standard-Hardware.
Das zweite Hauptargument ist die quelloffene Struktur. Wie gesagt, bei Open Source gibt es keine versteckten Hintertüren der Hersteller. Das ist in Hinblick auf den Datenschutz wichtig, besonders wenn es um Router- und Servertechnologie geht. US-amerikanische Hersteller wie Cisco, Juniper & Co. wurden schon mehrfach dabei erwischt, dass sie über einen Blackbox-Bereich Daten unbefugt ausgeleitet haben. So eine Schwachstelle können wir uns nicht leisten.
Mit welchen Missverständnissen in Bezug auf Open-Source-Software sind Sie am häufigsten konfrontiert?
Viele verwechseln Open-Source-Software mit Freeware. Das kommt von der häufig falsch verkürzten Übersetzung in „freie Software“. Denn Open Source bedeutet „quelloffen“ aber keinesfalls „kostenfrei“. Oft sind die Grundmodule einer Open-Source-Software zwar kostenlos, wie zum Beispiel bei WordPress. Aber für mehr persönlichen Support oder erweiterte Funktionalitäten muss man dann bezahlen. Open Source heißt also nur, dass der Programmcode frei zugänglich ist und ggf. individuell verändert werden kann. In welchem rechtlichen oder finanziellen Rahmen das passiert, ist abhängig von der erworbenen Lizenz.
Der zweite Irrtum liegt darin, dass viele “quelloffen“ mit „unsicher“ gleichsetzen. Aber nur weil fachkundige Dritte den Quellcode lesen können und wissen, was da passiert, ist dieser nicht automatisch unsicher. Nehmen wir das Beispiel von Verschlüsselungsverfahren wie SSL. Die Verschlüsselungsalgorithmen liegen zwar offen, aber die intelligente Struktur von öffentlichem und privatem Schlüssel und mit den darin verwendeten Paraphrasen, welche hoffentlich richtig lang sind, können nicht ohne weiteres entschlüsselt werden.
Der dritte Irrglaube ist, dass Open Source immer billiger ist, als proprietäre Software. Nehmen wir zum Beispiel TYPO3 CMS. Dieses Content-Management-System ist sehr komplex und verwendet eine eigene Scriptsprache. Für die Entwicklung einer neuen Website werden Spezialisten benötigt, die schwer zu finden sind. Und auch an das Hosting stellt TYPO3 ein paar besondere Anforderungen.Damit stößt man bei einem einfachen Massenhoster schnell an Grenzen. BB-ONE.net kann beides. Der Vorteil ist: Man erhält eine maßgeschneiderte Lösung, die außerordentlich stabil, nachhaltig und sicher läuft.
Wie finden Unternehmen für sie passende Open-Source-Lösungen? Oder: Wie finden Sie passende Open-Source-Lösungen für sich und andere Unternehmen?
Bei Open-Source-Projekten ist es eher umgekehrt. Man steht vor einer technischen Herausforderung und beginnt, nach geeigneten Lösungen zu suchen. Diese Recherche kann zeitraubend sein. Voraussetzung für die richtige Wahl ist eine gute Leistungsbeschreibung. Das muss kein langes Lasten- oder Pflichtenheft sein, aber eine möglichst vollständige Liste von Mindestanforderungen ist notwendig. Für uns sind wichtig: Einhaltung der gängigen Datenschutzbestimmungen, Mandantenfähigkeit, Service-Unabhängigkeit und transparenter Betrieb. Denn wir wollen Leistungsumfang und -qualität selbst bestimmen können. Dass die Software ihre Aufgabe anwenderfreundlich und zuverlässig erfüllt, halten wir für eine Selbstverständlichkeit – auch und gerade bei Open Source.
Das Interview führte die freie Journalisting Beatrix Westphal (info@beatrix-westphal.de)