Abmahnwellen wegen Google Fonts

Abmahnwellen gegen Google Fonts auf WordPress Website

Kein Grund zur Panik.

Seit Anfang 2022 laufen immer wieder Abmahnwellen gegen arglose WordPress Website Betreiber. In letzter Zeit sind „die Kleinen“ dran. Zunächst brauchen Sie nur eines zu tun, nämlich Ruhe zu bewahren. Die nächste Reaktion sollte sein: Stellen Sie den abgemahnten Zustand wenn möglich sofort ab. Wie das geht, beschreiben wir im Beitrag „Google Fonts und WordPress“. In diesem Artikel gehen wir das Thema „Abmahnungen gegen Website-Inhaber“ aus der Meta-Perspektive an. Schließlich verfügen wir hier über einen langjährigen Erfahrungshintergrund. Denn Abmahnwellen sind so alt wie das Word Wilde Web. Sie gibt es, seit das Internet zur massentauglichen Geschäftsanwendung wurde.

Was steckt hinter den aktuellen Abmahnwellen?

Bevor wir in die Langzeitbetrachtung gehen, beschäftigen wir uns zunächst mit dem aktuellen Fall. WordPress ist inzwischen das beliebteste Content Management System weltweit. Diesen Status hat es vor allem deshalb erworben, weil man auch als unerfahrener, manchmal auch unbedarfter, Anwender schnell zu einer brauchbaren wie individuellen Website kommt. Dazu stehen unzählige Themes als Designvorlagen für jedes Online-Thema zur Verfügung. Und noch mehr Plugins machen aus dem Online-Auftritt ein funktionales wie attraktives „Surf-Erlebnis“. Alles schön modular, schnell und einfach installiert. Das ist toll, keine Frage. Aber das führt leider auch oft zu einer technisch wie juristisch unzureichend eingerichten Website. Die fehlende technische Absicherung ist die Schwachstelle, die Hacker gerne nutzen. Mängel in der juristischen Absicherung ist ein gefundenes Fressen für findige Anwälte, welche geltende „Online-Gesetze“ wie zum Beispiel die DSGVO als Hebel für Abmahnungen nutzen.

Die DSGVO-Schwachstelle Google Fonts als Grund für Abmahnungen

Sehr viele fertige WordPress Themes integrieren automatisch die Google Fonts in ihre Systemstruktur. Das hat den großen Vorteil, dass die Anwender auf eine große Auswahl freier Schrifttypen zugreifen können. Diese geben Websites den individuellen Touch im Corporate Design des Unternehmens. Aber in der Standardinstallation greift dieses Tool auf Server in den USA zurück und ermöglicht theoretisch das Ausleiten von persönlichen Daten der Website-Besucher. Natürlich ohne deren Wissen oder aktiver Zustimmung. Das ist gemäß DSGVO verboten. Und hier sehen nun findige Abmahnanwälte seit einiger Zeit eine neue Einnahmequelle.

Ein geschicktes Manöver, aber wirklich legal?

Dank freier Analyse- und Suchtools kann man recht einfach und schnell herausfinden, welche Websites Google Fonts verwenden. Falls Sie (hoffentlich) noch keine Abmahnung erhalten haben, dann testen Sie Ihre Website einfach mit dem folgenden Tool: Google Fonts Scanner . Wenn dieser Scanner eine Warnung ausgibt, dann folgen Sie den Tipps in unserem Beitrag „Google Fonts und WordPress“ und stellen das Problem ab, bevor Sie „entdeckt“ werden. Falls Sie bereits eine Abmahnung erhalten haben, dann bleiben Sie trotzdem gelassen und gehen Sie auf die gleiche Weise vor. Heben Sie das Anwaltschreiben auf, aber zahlen Sie nicht gleich pflichtschuldig. Denn ob der anwaltlich vertretene „Geschädigte“ beim Besuch Ihrer Website, wenn er denn überhaupt „richtig da“ war, um einen Schaden wegen des Verstoßes gegen die DSGVO zu erleiden, bleibt fraglich.

Erwerbsmäßige Abmahner bewegen sich auf dünnem Eis.

Derzeit steht der Verdacht im Raum, ob hinter der aktuellen Abmahnwelle nicht doch eine Clique von findigen Geschäftemachern mit anwaltlicher Zulassung steht. Diese Leute suchen systematisch nach juristischen Schwachstellen von Online-Angeboten, gerne mit technischen Hilfsmitteln. Das oben genannte Tool für Google Fonts Installationen auf WordPress Websites beweisst, dass das kein Hexenwerk ist. Als Mantel für die nächsten Aktionen nutzt man gerne einen gemeinnützigen Abmahnverein, um den Vorwurf der erwerbsmäßigen Abmahnung zu umgehen. Denn wegen des akuten Mißbrauchs in den frühen „Nullerjahren“, als es mit dem Internet und der gesetzlichen Regulierung losging, ist die erwerbsmäßige Abmahnung langer Zeit verboten.

Der aktuelle Fall

In unserem aktuellen Fall gibt es also Anhaltspunkte, dass genau so vorgegangen wurde. Die Grundlage bildet ein Gerichtsurteil in Bayern, welches einem „Geschädigten“ ein „allgemeines Unwohlsein“ wegen Google Fonts als Verstoß gegen die DSGVO bescheinigte. Das klingt ziemlich wage und ist bei Juristen umstritten. Aber es genügte als Anstoß für Abmahnanwälte, regelmäßig und systematisch nach entsprechenden WordPress Installationen zu suchen. Seit dem braucht es nur noch „Geschädigte“,  die den Anwälten entsprechende Vollmachten ausstellen. Damit das nicht so teuer und auffällig erscheint, lässt man das über die gemeinnützigen Vereine laufen. Und die Abmahngebühren selbst erscheinen mit 100 bis 200 EURO auch nicht so hoch. Das macht  die Sache unseres Ermessens auch nicht gerade seriöser.

Rettung naht

Doch egal, wie hoch der vermeintliche Streitwert ist oder ob ein gemeinnütziger Verein dazwischen hängt, die Masse und Systematik macht’s, dass Juristen aus der Internetwirtschaft diese Vorgänge aufmerksam verfolgen. Inzwischen baut sich im aktuellen Fall ernst zu nehmender Gegenwind auf. So sind bereits von der Abmahnwelle Betroffene mit ihren Anwälten unterwegs, um eine „Gegen-Drohkulisse“ aufzubauen.

Es könnte sich also lohnen, wenn die abgemahnten Unternehmen die Abmahnschreiben nebeneinander legen und mal genauer hinsehen, wer die Abmahnung verfasst hat und wer die vermeintlich Geschädigten sind. Wissentliche Rechtsverstöße und Falschbehauptungen haben auch für Abmahn-Anwälte sowie deren Mandanten ernsthafte Folgen. Sollten Sie also eine Abmahnung erhalten haben, dann stehen Ihre Chancen gar nicht so schlecht, dass Sie nur mit dem Schrecken davonkommen. Vorausgesetzt Sie haben den abgemahnten Zustand abgestellt. Doch reden Sie vorsorglich noch einmal mit Ihrem Anwalt, denn wir sind keine Juristen und geben hier nur unsere Erfahrungen aus über 25 Jahren Geschäftsbetrieb in der Internetwirtschaft weiter.

Abmahnwellen sind so alt wie das kommerzielle Internet.

Wir haben in unseren über 25 Jahren als Internet Services Provider schon viele Abmahnwellen beobachten dürfen. Wir selbst waren davon nicht betroffen, da wir dank unseres Engagements bei eCOMM auch juristisch stets auf aktuellem Stand waren. Und dieses Wissen haben wir dann an unsere Kunden weitergegeben und umgesetzt. Als zum Beispiel 2007 das Telemediengesetz (TMG) das Impressum mit bestimmten Angaben zur Pflicht machte, begann der Wettlauf zwischen Abmahn-Anwälten und Website-Betreibern. Oder als es um die korrekten Signatur-Angaben in der Fusszeile von E-Mails ging, die im elektronischen Geschäftsverkehr eingesetzt wurden.

Abmahnungen wurden zu einer echten Plage.

Tatsächlich haben Abmahnungen dazu geführt, dass sich sehr früh Spielregeln im Internet als Geschäftsanwendung etabliert haben, an die sich fast alle bis heute halten. Das war und ist zum Schutz der User, viel wirksamer als es Strafen von Staats wegen je sein könnten. Aber wie so oft im Leben verlocken solche Werkzeuge auch zu äußerst unseriösem Verhalten. Deshalb verbot der Gesetzgeber die „erwerbsmäßige Abmahnungen“ und stellte diese unter Strafe. Da sich manch eine Kanzlei von diesem einträglichen Geschäftgsmodell nur ungern trennte, verfiel man auf die Gründung von gemeinnützigen Vereinen, welche „Geschädigte“ beim Durchsetzen ihrer Rechte durch Abmahnungen unterstützen. Natürlich arbeiten Anwälte nur ungern „pro bono“. Deshalb erzielen sie im Erfolgsfall Einkünfte über die anwaltlichen Gebühren vom Abgemahnten, auch wenn der Geschädigte nichts zahlen muss.