Alter Wein in neuen Schläuchen oder echte Innovation?
Sie, die BB-ONE.net Kunden kennen uns. Was Marketingtrends und Hype-Themen im Internet betrifft, da waren und sind wir von Anfang an immer „etwas“ sperrig. Manchmal geradezu widerspenstig und abwehrend, obwohl wir ganz gewiss keine Marketing-Muffel sind, ganz im Gegenteil. Denn Messen, Weiterbildungsveranstaltungen und direkte Kundengespräche sind sehr „unser Ding“. Wir haben nur eine Abneigung gegen das Phrasendreschen. Vielleicht liegt es daran, dass wir von jeher den größten Wert auf individuell abgestimmte, „saubere“ Technik legen, anstatt werbetechnisch toll dazustehen.
Dennoch wollen wir es uns nicht nehmen lassen, auch hierzu als einer der letzten Beiträge anläßlich der 25 Jahre BB-ONE.net Serie unsere Sichtweise darzulegen, was genau unserer Meinung nach echte Internet-Trends sind bzw. bleiben. Durch das Interview begleitete uns ein weiteres Mal die Journalistin Beatrix Westphal.
Das Interview über Marketingtrends des Internets
Berlin im Mai 2022. Messen gehören bei BB-ONE.net seit Firmenbestehen dazu. So wurde die CeBIT in Hannover von Anfang an als Fachbesucher aufgesucht; von 2012 bis 2016 war der IT-Dienstleister selbst Aussteller. 2001 und 2002 war BB-ONE.net auf der Internet World Berlin vertreten. Die IT-Profits Berlin wurde von BB-ONE.net gemeinsam anderen IT-Dienstleistern und mit der Messe Berlin auf die Beine gestellt.
„Neben dem fachlichen Austausch bieten Messen eine Spielwiese für Marketingaktivisten“, sagt Franciska Lion-Arend, Geschäftsführerin der BB-ONE.net GmbH mit einem Augenzwinkern. Im Laufe der Zeit sind ihr jede Menge Modebegriffe begegnet, viele davon mehr alter Wein in neuen Schläuchen als echte Innovation.
Wenn Sie eine Auswahl treffen müssten, welches sind Ihre Lieblingsphrasen aus dem IT-Marketing?
Unser absoluter Lieblingsspruch hat zwar nichts mit dem Internet zu tun, aber zeigt, wie schnell man arg daneben liegen kann. So geschehen mit dieser Anti-These: „Windows wird sich nicht durchsetzen.“ Das war auf der CeBIT Anfang der 90er Jahre auf dem Messestand eines sehr bekannten IT-Dienstleisters für Steuerberater; den Namen des Mitarbeiters haben wir vorsorglich vergessen.
Dann die Feststellung: „Mit dem Internet kann man kein Geld verdienen!“. Sie stammt aus der Zeit Anfang der 2000er Jahre, kurz nach der ersten geplatzten dotcom-Blase. In unserer 25-jährigen Existenz fühlen wir uns wie die Hummel, die eigentlich nicht fliegen können sollte, aber das einfach ignoriert und fliegt.
Der IBM-Klassiker
Und dann war da noch die Werbung der IBM Mitte/Ende der 90er Jahre. Sprecher 1 sagt: „Hier steht: Das Internet ist die Zukunft des Business… Wir müssen ins Internet!“ – Sprecher 2 fragt: „Wieso?“. (Wer noch einmal darüber lächeln möchte: https://www.youtube.com/…)
Was steckt für Sie hinter Kunstbegriffen wie „Green IT“, „Web 2.0“, „Webciety“, „Web 3.0“, „Industrie 4.0“, „Big Data“ … ?
Gehen wir die Begriffe im einzelnen durch. „Big Data“ kommt aus dem Bereich der digitalen Kommunikation. Der Austausch, die Verarbeitung und die Speicherung riesiger Datenmengen, wie sie dank des schnelllebigen Internets permanent entstehen (und wieder vergehen), ist eine echte technologische Herausforderung. Das ist eine Baustelle aller staatlichen Institutionen und der Telekommunikationskonzerne, aber nicht unsere. Denn hier geht es um gesellschafts- und wirtschaftspolitische Fragestellungen, die wir zwar beobachten, aber an denen wir nicht mitwirken.
Web 2.0 – mehr als nur ein Marketingtrend
„Web 2.0“ steht tatsächlich für einen Paradigmenwechsel im Internet. Konnte man als User bis Anfang der 2000er Jahre Inhalte nur passiv konsumieren, kamen ab 2003 immer mehr interaktive Mitmach-Elemente auf die Websites. Wenig später dominierten dann Social-Media- Plattformen wie Youtube, MySpace und deren heutige Enkel mit dem User Generated Content das Internet. Es heißt jetzt neumodisch „Webciety“ – ein Akronym aus Web und Society – ist also definitiv ein alter Wein im neuen Schlauch. Und weder relevant für unsere Kunden noch für uns. Dafür aber war „Web 2.0“ um so wichtiger.
Die erfundenen Versionsnachfolger
Im Sinne der Software-Versionierung von „Web 1.0“ bis heute, steht „Web 3.0 „(bzw. Web3) für das sogenannte semantische Web. Meiner Meinung nach ist diese Zuordnung eher willkürlich als schlüssig. Denn das Bestreben, dass Maschinen die menschlichen Interaktionen richtig interpretieren bzw. „verstehen“ und entsprechend sinnhafte Vorschläge für die nächsten Schritte machen oder Inhalte sinnvoll zu strukturieren, ist so alt wie das Internet selbst. Wir halten es da eher mit Musk und Proven: Es ist ein Marketingschlagwort, gehört zu den Marketingtrends – ohne echte technische Innovation. Genau so ist „Industrie 4.0“ ein Versuch der 2010er und folgenden Jahre, die ökonomische und ökologische Notwendigkeit echter Erneuerung mit Hilfe der Digitalisierung irgendwie nett zu verpacken. Das brauchten weder wir noch unsere Kunden.
Alles auf Grün
„Green IT“ ist – wie so vieles im Internet – eigentlich auch keine Erfindung der Neuzeit. Erinnern wir uns an den „blauen Engel“, den Fujitsu auf ihre neuen „Green PCs“ klebte. Tatsächlich bemühte sich das japanische Unternehmen schon in den frühen 90er Jahren um für damalige Verhältnisse umweltfreundliche Produktionsverfahren und einen reduzierten Stromverbrauch der Geräte. Aber das nur am Rande. Viel wichtiger ist, dass seriöse DataCenter-Betreiber von heute bestrebt sind, den größten Kostenblock im Griff zu behalten, nämlich die Stromkosten. Netzwerkinfrastruktur, Server, Klimatechnik, USV-Anlagen für die unterbrechungsfreie Stromversorgung u.v.a.m., alles mindestens in doppelter Ausführung. So eine DataCenter Facility kann locker mal eine Leistung von 120 MVA (120 000 VA) und mehr ziehen. Also: „Green IT“ ist wichtig und relevant, auch und gerade für uns.
Hinter welchem Trendbegriff steht für Sie echter Wandel und neue Entwicklung in der IT?
Web 2.0 ging mit der Einführung moderner Content-Management-Systeme Hand in Hand. Denn diese erlaubten eine einfachere Integration von interaktiven Elementen und Multimedia-Anwendungen ohne größeren Programmieraufwand. Dadurch wurde eine inhaltlich anspruchsvollere Website-Entwicklung vereinfacht. Auf der technologischen Seite half uns die Servervirtualisierung, mit den Ressourcen schindenden Anforderungen dieser neuen Anwendungen Schritt zu halten.