Oder: „Professionelles Geschäftsgebaren versus Home-(hemdsärmelig)-Office & Co.“
Seit ca. 12 Monaten haben wir eine neue Ausrede, wenn irgendetwas nicht funktioniert oder wir schlichtweg nicht wissen, was zu tun ist. Oder wenn wir vergessen haben, wie professionelles Geschäftsgebaren geht. Das Home-Office als neues Helferlein macht’s möglich. Dabei waren die Ansätze zunächst gut, als uns die Schockwelle des „Shutdowns“ traf. Das Home-Office schien als erfrischend neue Perspektive einer modernen Arbeitswelt. Doch inzwischen hat uns die Welle der Ernücherung erreicht. Nein, nicht wegen des anhaltenden Ignorierens von professionellen Lösungen für das digitale Home-Office – viele halten „Zoom“ immer noch für das Nonplusultra der Videokonferenz – sondern weil sich diverse Unarten etablieren.
Der Auslöser
Am 31.12.2019 meldet die VR China die bereits aufgetretenen und nicht mehr zu leugnenden Fälle der WHO. Einen Monat später am 27.01.2020 erfasst Starnberg offiziell den ersten Fall in Deutschland. Und am 11.03.2020 ruft die WHO die Pandemie aus. Damit ist es ganz klar: Es handelt sich bei COVID-19 um „eine Situation, in der die ganze Weltbevölkerung einem Erreger potenziell ausgesetzt ist und potenziell ein Teil von ihr erkrankt.“
In der Folge herrscht hektische Betriebsamkeit in Richtung „Shut down“ der Wirtschaft. Dazu werden Firmen und Organisationen „heruntergefahren“ und alle MitarbeiterInnen damit aufgefordert, ab jetzt einfach von zuhause aus zu arbeiten. Irgendjemand entdeckt dann Zoom als Plattform zur Video-Kommunikation, das private Handy muss halt für Geschäftstelefonate herhalten. Es müssen sehr schnell Lösungen improvisiert werden. Alles gut soweit, aber genau so wie dieser verfluchte Virus unseren Alltag fest im Griff hat, setzen sich dank dieser unscharfen Trennung von Job und Heim diverse Unarten fest. Was bis vor kurzen als professionelles Geschäftsgebaren noch ein „no go“ war, geht bei vielen inzwischen als (fast) normal durch.
Die beste faule Ausrede für mangelnde Professionalität
Vielleicht kennen Sie noch aus früheren, „vor Corona“ Zeiten den Scherz-Klassiker: “Was wären wir ohne Computer? Eine Ausrede ärmer.“ Wie Sie sehen, ist alles schon mal dagewesen. In der aktuellen Home-Office Situation entdecken wir ganz neue Ausprägungen dieser alten Weisheit. Vielleicht ein krasses Beispiel, aber sehr symptomatisch ist der Verlauf einer Video-Konferenz zwischen den MitarbeiterInnen aus diversen Niederlassungen und dem Kunden aus Übersee: Während der gesamte Video-Call durchgehend mit quäkendem Ton absolviert wird, dampfen bei einem Teilnehmer im Hintergrund fröhlich diverse Töpfe vor sich hin. Solche Probleme und Taktlosigkeiten waren vielleicht zu erwarten. Damit wird es aber nicht besser.
Ich selbst habe im vergangenen Jahr unzählige „Video-Dates“ gehabt, sicherlich nicht ganz so extrem, aber manchmal auch eine Spur zu hemdsärmlig. Für meinen Geschmack jedenfalls. Denn dabei erfuhr ich weitaus mehr über meine Gesprächspartner, als ihnen und mir lieb sein konnte. Und so festigte sich die begründete Vermutung, dass ein einfaches Telefonat die ganze Sache bestimmt nicht schlechter, vielleicht sogar besser gemacht hätte.
Noch mehr seltsame Blüten
Ein Déjà-Vu anderer Art betrifft vermeintlich „plötzlich verschwundene“ eMails. Oder die Aussage, man habe aus dem Home-Office derzeit keinen Zugriff auf eine Mail vom vergangenen Tag. Erwartungsgemäß kommt dann die Bitte inklusive Ausrede: „ … können Sie mir die Mail mit … noch einmal schicken, ich bin jetzt im Home-Office!“. Ja, was sagt man dazu?