Und genau das war nicht passiert. Im Gegenteil: Google sah also beim ersten Neustart mehrere hundert fehlerhafte bzw. nicht mehr existierende URLs. Bereits kurz danach zeigten die Zugriffs-Logs fast nur noch 404-Fehler (Seite nicht gefunden). Unsere Empfehlung, die Nachführung von vorhandenen URLs auf die neuen nachzuholen, setzte man übrigens auch dem zweiten Neustart nicht um, obwohl das noch einiges am SEO-Ranking gerettet hätte. Nach dem ersten Zurückschalten waren viele alte URLs bereits aus dem Index verschwunden, neue waren bereits gelernt. Tage später wiederholte sich das ganze dann beim zweiten Anlauf. Als Ergebnis wurde das Google-Ranking fast völlig zerstört. Man versuchte nicht einmal, etwas zu retten.
Zwischenstand: Murphy auf Erfolgskurs.
Hier wurde eigentlich alles falsch gemacht, was man bei Website-Relaunches falsch machen konnte. Keine wirkliche Planung, keine Absprachen, keine Kontrolle, keine Tests, handwerkliche Fehler in allen Projektphasen. So kam es, wie es kommen musste: Murphy behielt recht. Die Website war zwar schicker, funktionierte aber nicht richtig und sie verschwand innerhalb weniger Tage aus einem Topranking in das Vergessen der Suchmaschinen. Und das, obwohl sie doch zur Verbesserung des Internet-Marketings und Online-Kommunikation beitragen sollte. Im Ergebnis verschlechterte sich die vorher gute Sichtbarkeit unseres Kunden sogar so weit, dass sie bis heute noch nicht auf den Stand von vor ca. fünf Jahren steht. Dass der Kunde unzufrieden war, kann man sich denken, aber wer trug die Schuld?
Murphy 6: Schuld abweisen geht schneller als Probleme vermeiden bzw. lösen.
Natürlich geben alle, also die Agentur, der Softwarehersteller und der Kunde immer als erstes dem Hoster die Schuld. Denn der ist für die Erreichbarkeit der Websites verantwortlich. So verlief auch der nette Versuch in diesem Fall. Allerdings wiesen wir die Verantwortlichen jedes Mal vor den diversen übereilten Hin- und Herschwenkerei auf offene und ungeklärte Themen und Problematiken hin. Mündlich und schriftlich, aber letzlich mussten wir den ausdrücklichen Kundenanweisungen Folge leisten. Unsere Lösungsvorschläge liefen ins Leere.
Es ist legitim, vorhandene Kompetenzen auf neue Gebiete auszuweiten. Dass der neue Abteilungsleiter für Kommunikation im neuen Metier noch nicht sattelfest war, kann ihm niemand vorwerfen. Auch einem Software Systemhaus kann niemand vorwerfen, mit vorhandenen Mitteln neue Geschäftsfelder zu erschließen. Vorausgesetzt, es ist bereit, sich vorher in die Materie einzuarbeiten. Dazu gehört in erster Linie, sich über Standards, „Must haves“ und „Do nots“ zu informieren. Dazu gehört aber ganz sicher nicht, diese Ausbildung auf Kosten des Kunden vorzunehmen. Doch dieser hätte sich auch mit gezielter Information im Vorfeld und besserer Vorbereitung und Planung nachhaltig schützen können. Projektplanung gibt es schließlich nicht nur in der IT, sondern in allen Geschäftsbereichen.
Murphy 7: Wissen ist Macht. Nichts wissen macht auch nichts.
Tatsächlich hätte der Kunde auch die Chance (und Pflicht) gehabt, sich sowohl über die Kompetenzen des Anbieters zu informieren als auch ein weiteres Angebot einzuholen. In jedem Fall hätte sich der Kunde im Vorfeld von einem fachkundigen Dritten beraten lassen können/müssen. Dann hätte er schnell erkannt, dass die selbstentwickelte Software kaum das „passende“ CMS-Werkzeug ist. Er hätte gleich zu Beginn bemerkt, dass einfache SEO-Standards wie Meta-Informationen „Description“ oder „Title“ oder „Alternate-Informationen“ von Bildern fehlten. Er hätte herausgefunden, dass die Optimierung der Website für mobile Endgeräte zu wünschen übrig lässt. Und ganz gewiss wäre ihm aufgefallen, nachdem man im Hause jahrelang das CMS Typo3 genutzt hatte, dass das Backend keinem der gängigen Branchen-Standards entspricht, die Mitarbeiter also ein neues Werkzeug kennen lernen mussten.
Vielleicht ist es zu viel erwartet, aber wenn der Kunde unsicher ist, dann sollte der Anbieter bei Erfordernissen wie korrektem Impressum oder ebensolcher Datenschutzerklärung, notwendiger Verschlüsselung bei der Übertragung von Formulardaten und ähnlichem wenigstens beratend zur Seite stehen und bei der Klärung der „Zuständigkeiten“ helfen. Vorausgesetzt natürlich, er kennt sich damit aus. Doch leider wurde „Beratung“ in diesem speziellen Fall seitens des Dienstleisters sehr klein geschrieben.
Murphy 8: Der Teufel liegt im Detail. Und da bleibt er gerne liegen.
Vor einigen Monaten wurde eine Sicherheitslücke im neuen CMS benutzt, um die Datenbank anzugreifen. Glücklicherweise konnten wir uns mit dem Vorschlag eines kompletten Neuaufsatzes des Servers durchsetzen. Wir stellten also einen komplett neu eingerichteten Server inklusive aktueller Datenbanksoftware bereit, so dass der CMS-Anbieter sein System installieren konnte. Dumm gelaufen war nur, dass anschließend eine Konfigurationsdatei mit Datenbank-User und -Passwort öffentlich sichtbar wurde und dies auch noch von Besuchern der WebSite gemeldet wurde. Unglücklich auch, dass der Datenbankzugriff des CMS nicht persistent (dauerhaft) eingerichtet wurde, sondern bei jedem Neustart erneut aktiviert werden musste. Auch das neue PHP wurde zum Problem, da das CMS trotz ausdrücklicher Nachfrage und entgegengesetzter Auskunft damit nicht einwandfrei arbeiten konnte.
Die technischen Probleme konnten wir in der Zwischenzeit gemeinsam beheben, die Fehlfunktionen des CMS sind allerdings leider geblieben. Geplante Suchmaschinen- und andere Optimierungen lassen sich weiterhin nicht umsetzen, da das CMS dies einfach nicht vorsieht.
Unser Kunde hat in der Zwischenzeit selbst erkannt, dass hier ein ungeeigneter Dienstleister falschen Rat gegeben und ein falsches Werkzeug eingesetzt hat. In naher Zukunft wird es eine Ausschreibung geben, die zum Ziel hat, die vorhandene WebSite mit allen Inhalten und dem vorhandenen Design mit einem anderen Werkzeug auszuliefern.
Diese Fehler bei Website Relaunches vermeiden
Wir sagten es anfangs: In jeder Phase des Projektes hätten die Beteiligten anders entscheiden können. Wählen Sie einfach den anderen Weg, dann machen Sie vielleicht (oder sehr wahrscheinlich) andere Fehler. Aber deren Auswirkungen wären nicht so fatal.
- Gönnen Sie sich und ihrem Anbieter eine ordentliche Vorbereitungs- und Planungsphase. Machen Sie wenigstens stichpunktartig ein Leistungsverzeichnis und bringen Sie alle Beteiligten an einen Tisch zur Abstimmung des Projektplanes. Dadurch verbessern Sie die Abläufe und schaffen Sie Kontrollmöglichkeiten.
- Nehmen Sie technische Bedenken und Hinweise auf Fehlentwicklungen ernst und prüfen Sie diese. Falls sie berechtigt sind, bestehen Sie auf deren Behebung. Hier zeigt sich dann auch, ob Ihre Auftragnehmer dem Projekt gewachsen sind.
- Informieren Sie sich selbst über CMS-Standards und deren Möglichkeiten. Denn je besser Sie Bescheid wissen, um so besser sind Ihre Vorgaben und deren Ergebnisse.
- Testen Sie und lassen Sie testen. Durch Fachleute und Mitarbeiter, und das mehrfach in allen Phasen der Entwicklung und nach jeder größeren Veränderung. Bestehen Sie darauf, denn nur so können Sie Fehlentwicklungen und grobe Systemfehler rechtzeitig entdecken.
- Wenn Fehler und Pannen passieren – und das tun sie bei Website-Relaunches garantiert – bleiben Sie ruhig. Beraten Sie sich mit Fachleuten, welche Schritte sinnvoll sind und welche Auswirkungen die einzelnen Lösungsansätze haben könnten. Idealer Weise haben Sie immer ein Backup in der Hinterhand.
- Im Falle einer Krise konzentrieren Sie sich auf die Lösung der Probleme und versachlichen Sie die Situation. Lassen Sie sich auf gar keinen Fall auf die „wer ist Schuld oder nicht Schuld“ in dieser Phase ein. Dafür ist ggf. später noch Zeit. Aber sorgen Sie für eine Dokumentation.
- Machen Sie sich schlau. Überprüfen Sie Aussagen aller Beteiligten. Fragen Sie nach und ersetzen Sie Glauben durch Wissen. Das ist zwar anstrengend und lästig, aber unausweichlich. Denn so sichern Sie den Erfolg Ihres Website-Relaunches in Ihrem Sinne.
- Technische Details mögen dem Laien zwar vielleicht unwichtig und unverständlich erscheinen, aber sie sind die typischen Stolpersteine bei Website Relaunches. Deshalb sorgen Sie am besten dafür, dass die beteiligten Fachleute miteinander reden und sich untereinander abstimmen.